Jakob - ein Schlitzohr!

So ein Schlitzohr, dieser Jakob. Immer hat er es verstanden, das Beste für sich herauszuholen. Und dann steht er auch noch in der Bibel. Na sowas!

Ich erzähle dir mal in kurzen Zügen die Geschichte. Es fing schon an, als Jakob ein kleiner Junge war. Sein Zwillingsbruder, der einige Minuten vor ihm geboren wurde, war sozusagen der Älteste. Er sollte mal alles erben, was dem Vater Isaak gehörte. Esau und Jakob waren sehr verschieden. Jakob war ein Muttersöhnchen, er blieb bei dem Lager mit den Zelten und den Kochstellen. Schon bald konnte er selbst Linsensuppe kochen. Esau war der Wilde. Er ging gerne mit dem Vater oder auch alleine auf die Jagd. Da kam es einmal so, dass Esau sehr spät heimkam. Er war weit gelaufen, den ganzen Tag draußen gewesen, und hungrig war er auch. Sehr hungrig. Da sah er seinen Bruder Jakob in einem Topf eine Suppe rühren. Genau so etwas brauchte er jetzt. "Jakob, bitte gib mir was von deiner Suppe, ich habe so Hunger", sagte er zu Jakob. Und Jakob, schlitzohrig wie er war, sagte: "Gerne kannst du von meiner Suppe haben, doch dafür will ich das Erstgeburtsrecht von dir!" Esau sagte: "Mir doch egal, Hauptsache, ich bekomme jetzt etwas zu essen."

Die Jahre vergingen, Isaak wurde alt und lag meistens auf seiner Schlafmatte. Er war zu schwach zum Aufstehen. Jakob und Esau waren inzwischen stattliche junge Männer geworden. Da schickte Isaak nach Esau, er wünschte sich einen frisch geschossenen Bock, und dann wollte er Esau das Erbe mit einem Segen übergeben. Isaak spürte, dass er nicht mehr lange lebte. Esau machte sich auf die Jagd und Rebekka und Jakob machten sich an ein gemeinsames Werk, den Vater Isaak dazu zu bringen, Jakob den Segen für das Erbe zu geben. Sie kochten einen Braten. Jakob verkleidete sich etwas, denn er war nicht so ein haariger Typ wie Esau. Dann ging er zu Isaak, brachte das Essen und ließ sich segnen. Als einige Stunden später Esau kam und seinen Braten zu Isaak brachte, konnte dieser ihn nicht mehr segnen. Er hatte den Erb-Segen ja schon über Jakob gesprochen. Ich kann verstehen, dass Esau sehr zornig war. So zornig, dass Jakob sich noch in der Nacht auf den Weg machte. Auf die Flucht vor seinem Bruder.

Jakob ging dahin, wo sein Großvater Abraham herkam, nach Haran. Da fand er einen Hirten, Laban, den Bruder seiner Mutter Rebekka. Dort konnte er leben und arbeiten. Er verliebte sich in die Töchter von Laban und heiratete sie. Er arbeitete für Laban. Jakob konnte mit seinen Frauen und den immer mehr werdenden Kindern dort wohnen. Laban hatte es gut mit Jakob getroffen. Seit er mitarbeitete, waren seine Herden größer und größer geworden. Laban wusste, es lag am Segen, den Gott auf Jakob gelegt hatte.

Je länger Jakob bei Laban blieb, desto größer wurde seine Sehnsucht nach seinem Zuhause. Ob die Mutter wohl noch lebte? Ob sich Esau beruhigt hatte?

Jakob sprach mit Laban. Laban verstand, dass Jakob Sehnsucht hatte. Doch ihm würden seine Töchter und Enkelkinder fehlen. Und ja, was war eigentlich der Lohn für Jakob, dass er all die Jahre am Reichtum von Laban gearbeitet hat? Das war eine große Frage. Laban fragte Jakob: "Was willst du von mir?" Jakob hatte schon eine Idee, eine schlitzohrige Idee. Er sagte: "Ich bleibe noch ein Jahr hier. Alle Tiere, die in dieser Zeit geboren werden und nicht einfarbig, also weiß oder braun oder schwarz sind, also gefleckt, gemustert oder gestreift, sollen meine Tiere werden." Laban hat sich das angehört und verbeißt sich ein Lachen. "Mir soll es recht sein", meint er. "Komm, lass uns das mit einem Handschlag besiegeln!" So machen sie das dann.

Als Laban abends bei seinen Söhnen sitzt, kann er gar nicht aufhören zu lachen: "Nun arbeitet Jakob schon seit 20 Jahren bei uns und macht mir diesen Vorschlag. Die einfarbigen Tiere sind meine, alle anderen seine. Ist ihm nie aufgefallen, dass die Einfarbigen immer in der Mehrheit sind?"

Sie machen Witze über Jakob. Doch das Lachen vergeht ihnen bald. Als die jungen Lämmer und Zicklein geboren werden, trauen sie ihren Augen nicht. So viele sind gemustert. Wie kommt das denn? Wie hat Jakob das angestellt. Ja, das bleibt Jakobs Geheimnis. Aber er hat es geschickt gemacht, dass die einfarbigen Tiere gescheckte Jungen bekommen haben.

Laban ärgert sich. Er ärgert sich richtig ordentlich. Und als er dann noch die Kamele und Rinder sieht, am Ende der Weideflächen, und erfährt, dass die auch Jakob gehören, wird er noch ärgerlicher. "Jakob steht einfach unter dem Segen Gottes! So ist es!", denkt er.

Jakob zieht mit all den gemusterten Ziegen und Schafen los, dazu die Rinder und Kamele, die er schon gegen weitere gemusterte Schafe und Ziegen getauscht hatte.

So ein Schlitzohr, denkt Laban, als Jakobs Familie am Horizont verschwindet.

Also wirklich, ein Schlitzohr, dieser Jakob. Doch er steht in der Bibel und was noch verwunderlicher ist, Gott macht ihn zum Stammvater seines Volkes Israel. Wieso?

Ist es nicht so, dass Gott will, dass wir gut miteinander umgehen? Uns nicht gegenseitig Sachen wegnehmen und so?

Doch die andere Seite der Geschichte ist doch die: Auch ich mache nicht alles richtig. Auch ich denke immer wieder zuerst an mich, und dann - vielleicht - an die anderen. Immer wenn mir das passiert, bin ich froh, dass die Geschichte von Jakob so ehrlich in der Bibel erzählt wird. Gott ist immer wieder auch auf der Seite der Schlitzohren. Er begleitet, behütet und segnet sie. Auch mich, wenn ich nicht alles richtig mache. Ich weiß, Gott liebt mich, so wie ich bin.

Und dann kann ich mit den Worten des 67. Psalms beten:

Gott sei uns freundlich; er möge uns segnen. Er gebe uns Licht, das Licht seiner Liebe, er mache es hell in unseren Herzen Gott sei uns freundlich; er möge uns segnen. Er gebe uns Licht und zeige uns allen die richtigen Wege; er mache uns klar, wie wir leben sollen. Gott sei uns freundlich; er möge uns segnen.

Nächste Woche kommt es noch schlimmer. Ein Ehebrecher ist und bleibt König – in der Bibel.

1. Mos 30,25 - 31,3; Ps 67

27.9.2025

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Eine Frau für Isaak