Abraham hört eine Stimme. Ist es Gott?

Ich darf mich mal vorstellen. Ich bin Abraham. Mit Sara bin ich verheiratet. Meine Familie stammt aus Ur in Babylon. Da bin ich geboren und aufgewachsen, doch dann machte sich meine Familie auf den Weg nach Nordosten. Sie machten sich auf den Weg mit allem, was sie hatten. Zelte, Decken, Teppiche, Kochtöpfen, Körben, Tonkrügen, Wasserschläuchen, Werkzeug, Tieren, Knechten, Mägden, einfach alles, was wir zum Leben brauchten. Das war ein langer und langsamer Zug. Wir waren so schnell wie das langsamste Tier und der schwächste Mensch, der uns begleitete. Und es war ein langer Weg. Und doch: eines Tages waren wir da in Haran. Das war nun unser neues Zuhause. Wir waren viele Familien. Meine Familie, leider ohne Kinder, dann Lot, mein Neffe, der Sohn meines verstorbenen Bruders. Lot mit seiner Frau und mit seinen Kindern. Und mein Bruder Nahor mit seiner Frau und mit seinen Kindern. Und dazu unzählige Mägde und Knechte. Und viele, viele Tiere, meist Ziegen und Schafe. Bald hatten wir uns in Haran eingelebt. Wir wussten, wann unsere Tiere wo weiden konnten. Im Frühjahr weit außen in der Steppe und im Herbst nahe an den Orten, auf den geernteten Feldern. Unsere Tiere fraßen das Stroh, das vom Korn übrig war. Wir tauschten Tierfelle und Tierfleisch mit den Bauern gegen Zwiebeln, Gemüse, Mehl, Oliven und was die Frauen in der Küche sonst noch so brauchten. Mit den Händlern, die Stoffe und Gewürze hatten, machten wir so ähnliche Geschäfte. Wir hatten ein gutes Auskommen.

Und dann kam diese Nacht.

Ich wachte auf. Ich sehe durch einen Spalt in der Zeltwand den Mond. Es ist Vollmond und er leuchtet rund und schön. Doch dann erinnere ich mich wieder. Mein Traum. War es überhaupt ein Traum? Schon dreimal habe ich eine Stimme gehört. Eine Stimme neben mir, über mir, in mir. Ich weiß es nicht.

"Abraham", hat diese Stimme gesagt: "Abraham verlass deine Heimat. Verlass deine Verwandten und gehe in das Land, das ich dir zeigen werde. Ich werde aus dir ein großes Volk machen, mit vielen Kindern und Enkeln und Urenkeln und Ururenkeln. An dir werden die Menschen sehen, wie es ist, wenn ich jemanden segne".

Diese Sätze lassen mich nicht mehr schlafen. Ich soll hier weggehen, aber wohin, das wurde mit den Sätzen nicht erklärt. Aus mir soll ein großes Volk werden, doch ich habe ja noch nicht einmal Kinder. Und das mit den Kindern wird auch nichts mehr werden, ich bin alt und meine Frau Sara ist auch zu alt, um Kinder zu bekommen.

Wie soll das nur alles gehen? Und hat Gott mit mir geredet?

Ich bin wohl über den ganzen Gedanken wieder eingeschlafen. Als ich am Morgen erwache, scheint die Sonne durch den Spalt in der Zeltwand. Durch die Decken, die unser großes Zelt in viele kleinere Räume unterteilen, höre ich Sara mit Hagar, ihrer Sklavin, reden. Sie bereiten das Frühstück vor, so wie jeden Morgen.

Ich stehe auf und ziehe mein Hemdkleid und den Hirtenmantel an. Über den Kopf binde ich mir ein Tuch gegen die Sonne. Ich nehme meinen Hirtenstab und gehe vor das Zelt. Elieser, mein Knecht und Vertrauter, bringt mir eine Tonschale mit Wasser. Ich wasche mir Gesicht und Hände. Dann setzte ich mich in den Schatten, die Sonne ist schon sehr kräftig. Ich kann sehen, wie Sara auf den heißen Steinen über dem Feuer Brot bäckt für das Frühstück. Nach einer Weile kommt Sara und bringt mir das frische Brot. Es duftet köstlich. Es schmeckt einfach gut. „Du bist eine tüchtige Frau!", lobe ich Sara und küsse sie. Dann bringt die Sklavin Hagar Milch, Käse und Gemüse zum Brot. Sie geht wieder weg. Sara setzt sich zu mir.

„Du, Sara, ich muss was mit dir besprechen“, fange ich an. Ich will ihr von meiner Nacht erzählen. „Macht es dir etwas aus, wenn wir Haran verlassen?“ Sara schaut mich mit großen Augen an. „Du willst Haran verlassen?“, fragt sie mich. „Warum? Es geht uns doch hier gut. Wir haben gutes Weideland, wir haben genug Wasser für uns und die Tiere. Die Menschen sind hier nett zu uns und wir machen gute Geschäfte mit ihnen. Wir haben hier unsere Verwandten und mit ihnen ein gutes Auskommen. Es geht uns gut hier!“

All diese Sätze hat Sara mit Nachdruck zu mir gesagt. Ich verstehe sie, es stimmt alles, was sie aufgezählt hat. Und doch. Ich habe es jetzt schon dreimal gehört: " Abraham verlass deine Heimat. Verlass deine Verwandten und gehe in das Land, das ich dir zeigen werde."

Also versuche ich es Sara zu erklären. "Gott hat es mir befohlen. Ich habe seine Stimme gehört."

Sara schaut mich verdutzt an. „Viele Menschen hören Stimmen, wer weiß, was du gehört hast? Wer weiß, ob es Gottes Stimme war?", sagt sie zu mir.

Doch ich bin mir sicher

Es war Gott. Er hat mit mir gesprochen.

Sara fragt weiter: „Wo sollen wir denn hingehen?"

Gute Frage, das weiß ich ja auch nicht. „Gott sagt: In ein Land, das ich dir zeigen werde", erzähle ich Sara.

Sara regt sich jetzt auf. „Was für eine Idee, alles hier aufzugeben und noch nicht einmal zu wissen, wo es hingehen soll!“ Sie schüttelt den Kopf und geht zum Feuer und zur Hagar. Mich lässt sie alleine sitzen. Ich rufe ihr nach: „Gott will es!“

Abends kommt Sara zu mir in mein Zeltabteil. Sie setzt sich zu mir. Ich befürchte große Diskussionen. Doch sie sagt: "Ich weiß nicht, was mit dir los ist. Ich finde es eine verrückte Idee. Doch wenn du meinst, Gott hat dir den Auftrag gegeben zu gehen, dann musst du gehorchen.“

Ich bin erleichtert. Gleich am nächsten Tag bespreche ich mit meinem Knecht Elieser, wie und wann wir aufbrechen. Es dauert Tage, bis wir alle eingepackt haben. Viele schütteln über mich den Kopf. Doch Lot und seine Familie gehen mit uns.

Und dann ist es so weit. Alles ist gepackt und verstaut. Die Tiere zu großen Herden zusammengetrieben. Wir machen uns auf den Weg. Ich entscheide mich, der Sonne entgegenzugehen, nach Süden. Es wird ein langer Weg. Wir gehen durch Berge und Täler und machen Rast an Flüssen. Einmal lässt Sara an einem Fluss alle Kleidungsstücke waschen. Und auch wir Menschen nehmen ein Bad. Was für eine Wohltat. Doch immer noch nicht, sind wir da, wo Gott uns haben will. Also ziehen wir weiter.

Nächste Woche erzählt uns Abraham von seiner Ankunft und von einer neuen Überraschung.

1.Mos 11, 27,32, i.A.; 1. Mos 12,1-9; 1. Mos 13,2-4

2.8.2025

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Das ist das wichtigste Gebot, sagt Jesus