Abraham und Lot müssen sich trennen. Und: Abraham hört die Stimme Gottes wieder.
Du erinnerst dich? Ich bin Abraham und mit meiner Frau, den Knechten und Mägden unterwegs in das Land, das Gott mir zeigen wird. Mein Neffe Lot mit seiner Familie ist auch dabei. Und natürlich all unsere Tiere, unsere Zelte, unser Hausrat, einfach alles was zu uns gehört. Wir sind nun schon einige Zeit unterwegs. Manchmal sagt Lot zu mir: "Onkel schau mal, da ist es doch schön. Da könnten wir doch bleiben." Doch immer wieder schüttelte ich den Kopf: "Nein, Lot, das ist noch nicht das Land, das Gott mir zeigen will." Also zogen wir weiter.
Wir sehen einen See, wir sehen einen Fluss, wir ersteigen Berge, und dann sehe ich ihn, den Baum. Ich sehe ihn schon aus der Ferne. Ein Baum mit einem breiten Blätterdach. Er liegt in der Nachmittagssonne. Da weiß ich es. Das ist der Ort, den Gott mir zeigen will. Je näher wir kommen um so mehr erkenne ich von dem Baum. Es ist eine Eiche. Eine große, große Eiche. Bis eine Eiche so groß wird braucht es mehr als hundert Jahre. Ich zeige Sara den Baum. "Hier Sara werden wir bleiben. Hier bauen wir unser Zelt auf. Mein Teil soll unter dem Baum stehen."
Und so machen wir es dann. Es dauert ganz schön lange, bis alles wieder da ist, wo es hingehört. Und als wir fertig sind mit Auspacken und Einräumen, da kriegen die Knechte von mir den Auftrag, Steine zu sammeln. Ich will, dass hier ein Altar gebaut wird, aus aufgeschichteten Steinen. Dann feiern wir einen Dankgottesdienst und ein Dankfest. Die Mägde haben viel zu tun. Mehl mahlen, Brot backen, Töpfe mit Wasser füllen und erhitzen, und dann gibt es ein Festmahl.
Danach wird unser Leben wieder gleichmäßig. Wir knüpfen Kontakt zu den Menschen in den Orten bei uns in der Nähe. Wo gibt es Wasser, wo können die Tiere weiden? Wer handelt mit uns und tauscht Felle und Fleisch gegen Getreide und Gemüse? Wir finden, was wir brauchen.
Nur eins macht mir Sorgen. Es gibt immer wieder Streit zwischen den Hirten von mir und den Hirten von Lot. Das soll nicht sein. Immer wieder müssen Lot und ich den Streit schlichten. Das wollen wir nicht. Unsere Hirten sollen sich einfach vertragen.
Eines Tages kommt mein Oberknecht zu mir und beschwert sich massiv über den Oberknecht von Lot. Mein Oberknecht wurde von ihm verprügelt und schaute schlimm aus. Da kommt auch schon Lot mit seinem Oberknecht auf uns zu. Auch der Oberknecht von Lot hat Schrammen. Sofort wollen die beiden wieder aufeinander losgehen. Lot und ich können es verhindern. Es dauert lange, bis sie sich so weit beruhigt haben, dass sie erzählen können, was los ist. Der Oberknecht von Lot fängt an: "Wir waren mit unseren Tieren auf dem Feld dahinten. Da kommt der Oberknecht von Abraham und will uns wegschicken." "Klar!", sagt dann mein Oberknecht. "Du Abraham bist hier der Älteste, deinen Tieren steht das beste Futter zu. Die Tiere von Lot müssen schauen, was für sie übrigbleibt. Doch Lots Oberknecht kapiert das nicht!" Na, jetzt kann ich gut verstehen, dass hier die Fäuste fliegen. Doch es hilft nichts. So kann das nicht gehen. Lot und ich setzten uns unter den tollen Baum und schickten die Oberknechte, mit deutlichen Ermahnungen, weg. Was machen wir nun? Es ist ein echtes Problem, das hier entstanden ist. Wir beide haben zu viele Tiere. Lots Herden wachsen und wachsen und meine Herden ebenfalls. Es ist zu eng. Auch das Wasser wird immer wieder knapp. Lot und ich sprechen ehrlich miteinander. Entweder verkleinern wir uns, oder wir müssen uns trennen. Das schlage ich dann Lot vor. "Lot, lass uns hinübergehen an den Hügel, da haben wir eine gute Sicht. Lass uns überlegen, wie wir das Land aufteilen, sodass wir gut leben können." So gehen wir los. Wenn man so über das Land schaut, ist es ganz einfach. Da ist der große Fluss, die Menschen hier nennen ihn Jordan, dann kommt das große Gewässer, die Menschen hier nennen es Meer. Man sieht die Städte Sodom und Gomorra und Zoar. Ich sage zu Lot: "Lot, du kannst wählen: Willst du ins Tal zum Wasser und zu den Städten oder willst du hier oben bei den Hügeln bleiben?" Lot schaut mich an: "Ich darf auswählen?" "Ja, du darfst auswählen!" Lot schaut und schaut: "Ja, wenn das so ist, will ich ins Tal zu den Städten.
Vielleicht baue ich dort ein Haus und lasse die Knechte mit den Tieren auf der Weide."
"Gut", sage ich, "dann ist das abgemacht. Ich bleibe hier und du ziehst weiter. Wir trennen uns. So haben unsere Knechte und Tiere ihren Frieden, das ist mir wichtig."
Wir gehen zurück. Lot hat es eilig, in sein Zelt zu kommen. Er muss viel vorbereiten. Ich gehe zu Sara und erzähle ihr, was sich verändern wird. Sie ist erstaunt, doch sie versteht es, auch sie mag keinen Streit. Doch wie soll es mit unserer Familie weitergehen? Früher haben wir manchmal gedacht, wenn wir nicht mehr leben, übernimmt unser Neffe Lot unsere Herden und Knechte und Mägde. Doch der geht ja jetzt weg. Kinder haben wir nicht. Soll dann mal mein Knecht und Vertrauter Elieser hier alles bekommen? Schwere Gedanken habe ich im Kopf, als ich mich auf mein Lager zum Schlafen lege. Und dann wache ich auf und höre wieder die Stimme. "Erschrick nicht Abraham ich meine es gut mit dir. Ich mache dich reich." Als ich die Stimme höre, sage ich meine Gedanken laut: "Wie soll es mit mir weitergehen? Lot geht weg. Wir haben keine Kinder. Soll Elieser, mein Verwalter, mal alles bekommen?" Da spricht die Stimme weiter: "Nein, nicht Elieser wird dich beerben, sondern dein Sohn. Abraham geh nach draußen und schau dir den Sternenhimmel an." Ich mache mich auf. Suche erstmal den Hirtenstock und dann den Weg aus dem Zelt. Ich sehe einen wunderbaren Sternenhimmel, so wie ich ihn schon sehr oft hier gesehen haben. Stern an Stern, tausende und abertausende. Wunderschön. Die Stimme sagt: "Zähle die Sterne. Kannst du sie zählen? So viele Nachkommen sollst du bekommen. Du wirst ein großes, großes Volk werden". Dann ist es still. Ich bin durcheinander. Sara hatte ja das letzte Mal gesagt, dass viele Menschen Stimmen hören. Das heißt nicht, dass das Gottes Stimme ist. Kann sein, kann nicht sein. Doch dann bin ich mir sicher: Es war Gott!
Am nächsten Morgen schon bricht Lot auf. Sara und ich schauen zu und dann ihnen nach. "Nun sind wir alleine hier", sagt Sara: "Wenn wir sterben, bekommt Elieser das hier alles." "Nun", meine ich: "Gott kann uns immer noch ein Kind schenken, wenn er will."
"Ja, wenn er will!", sagt Sara "Aber will er? Wir müssen jetzt etwas tun, Abraham. Ich habe da einen Plan. Nimm du meine junge Sklavin Hagar, wenn sie dann ein Kind bekommt, ist es unser Kind. So sind die Regeln hier."
Das will ich nicht. Doch Sara will unbedingt. Sie ist richtig heftig. "Schau uns an, Abraham. Wir sind uralt. Wir können nicht mehr auf Gott warten. Wer weiß wie lange wir noch leben. Nimm Hagar, dann haben wir bald ein Kind."
Ich will eigentlich nicht, aber ... vielleicht hat Sara recht. Wir sind wirklich sehr alt.
Nächste Woche erzähle ich dir von Lot und seinem Leben im Tal und von einem geheimnisvollen Besuch bei Abraham in den Bergen.
1.Mos 13,3-18; 1. Mos 15,1-6; 1. Mos 16,1-3
9.8.2025