Lot bekommt Besuch in Sodom. Dann muss er schnell aufbrechen.
Lot wohnt in Sodom, das weißt du ja schon. Auch weißt du, dass Sodom manchmal ein ungemütlicher Ort ist. Wenn die Menschen betrunken sind, wenn die Händler faules Gemüse verkaufen, wenn die Kinder den blinden Bettler beklauen. Doch Lot hat seine Tierherden vor dem Ort. Er genießt es, in der Stadt zu leben, denn da kann man täglich auf dem Markt frisches Gemüse einkaufen – man muss halt aufpassen, dass das Gemüse wirklich frisch ist. Ansonsten hat Lot nicht viel mit Sodom zu tun.
Er sitzt gerne am Stadttor und schaut zu, wie Menschen neu in die Stadt kommen oder die Stadt wieder verlassen.
Heute ist es schon fast Abend und Lot sitzt wieder am Stadttor. Gerade hat der Torwärter in sein Horn geblasen. Das ist das Zeichen dafür, dass gleich die Stadttore geschlossen werden. Jetzt heißt es, schnell zu machen, wenn man raus will, und wer noch in die Stadt hinein will, muss sich auch beeilen.
Da, im letzten Augenblick, kommen noch zwei Männer in die Stadt. Man sieht ihnen an, dass sie lange unterwegs waren. Die Füße und die Mäntel sind ganz staubig. Sie gehen ein paar Schritte in die Stadt, zum Marktplatz. Da bleiben sie stehen.
Lot hat ihnen zugeschaut. Jetzt steh er auf und geht hin, zu den Männern. Er begrüßt sie. Die Fremden grüßen zurück und fragen dann Lot: "Kannst du uns eine gute Herberge, hier in Sodom empfehlen. Wir wollen hier übernachten." Lot schüttelt den Kopf. Eine gute Herberge kann er nicht empfehlen. Es gibt hier wohl Herbergen, doch die sind nicht gut. Da werden die Gäste ausgetrickst. Es wird ihnen viel zu viel Geld abgenommen. Nein, Sodom war kein guter Ort. Lot denkt kurz nach, dann sagt er: "Nein, eine Herberge kann ich euch nicht empfehlen, aber kommt doch zu mir, in mein Haus. Es ist groß genug, um Gäste aufzunehmen. Ihr macht mir eine Freude. Kommt doch zu mir." "Nein, wir wollen dir doch keine Umstände machen," sagt einer von den Fremden. "Wir können doch auch unter einem Baum im Freien schlafen." Wieder denkt Lot kurz nach: "Nein", sagt er heftig, "dass könnt ihr nicht. In Sodom ist man nachts nicht sicher. Schaut euch die betrunkenen Menschen dort drüben in der Kneipe an, wenn die später hier rauskommen und euch finden, die bestehlen euch, oder machen noch schlimmeres mit euch. Nein, kommt zu mir!"
"Na", sagt der größere von den Fremden, "wenn das so ist, dann nehmen wir dein Angebot an und kommen mit zu dir."
Lot führt die beiden Fremden zu seinem Haus. Es ist ein schönes, großes Haus. Er ruft seiner Frau und seinen beiden Töchtern, die in der Küche sind und ein Abendessen kochen zu: "Wir haben Gäste. Sie bleiben über Nacht. Sie werden mit mir zu Abendessen."
Schon kommt eine von Lots Töchtern mit einem Becken mit Wasser. So können sich die Fremden erfrischen und sich die staubigen Füße waschen. Dann bittet Lot die beiden in den Raum, der zum Hof hin offen ist. "Macht es euch hier gemütlich. Bald ist das Essen fertig! Heute Nacht schlagt ihr hier auf den Polstern euer Lager auf. Es wird gemütlich sein."
Kaum sitzen sie beim Essen, wir es laut vor dem Haus von Lot. Die Menschen schreien, lachen, grölen. Der Lärm wird immer größer. "Lot, Lot, Lot", rufen die Menschen. Lot geht zur Hoftür und spitzt hinaus. Er sieht die Gasse voller Menschen, sie sind betrunken - oder auch nicht. Nun brüllen sie: "Wo sind die fremden Männer, die du mit in dein Haus genommen hast? Los schick die Kerle raus!"
Lot macht die Tür leise zu und geht zurück ins Zimmer. Seine Frau und die beiden Töchter sind jetzt auch da. Ängstlich schauen sie Lot an.
Wieder poltert es am Hoftor. Wieder schreit die Menschenmenge: "Lot, Lot, Lot!"
Lot schaut die Fremden an: "Oh, je! Die haben Böses mit euch vor! Bleibt hier im Haus, ich versuche die Meute zu beruhigen.
Wieder öffnet Lot die Hoftür. Diesmal schlüpft er hinaus. Er macht die Tür hinter sich zu.
Die Menschenmenge hat es bemerkt. Sie brüllen: "Dich wollen wir nicht! Wir wollen die Fremden. Gib sie heraus!"
Lot hebt die Hände, damit es leiser wird. Dann versucht er ruhig zu erklären, wie man sich Gästen gegenüber verhält: "Die beiden Fremden sind meine Gäste. Gäste hat man aufzunehmen und gut zu behandeln, sie zu beschützen. Also kann ich sie euch nicht geben."
Das macht die Menge noch wütender: "Lot, was bildest du dir ein. Du bist ein Fremder hier im Ort. Wir haben dir erlaubt hier zu wohnen. Du hast nicht das Recht uns das Leben zu erklären. Wir wollen die Fremden. Jetzt!"
Und schon hebt einer einen Stock, um ihn Lot auf den Kopf zu schlagen. Doch genau in dem Moment geht leise hinter ihm die Hoftür auf. Einer der Fremden hat sie geöffnet und - blitzschnell - wird Lot in seinen Hof gezogen und die Tür wieder verriegelt. Die Menschen schauen verwundert auf die leere Stelle, an der Lot gerade noch gestanden hat. Hat sich Lot in Luft aufgelöst. Die Menge ist verwundert, dadurch vergessen sie, dass sie gerade noch die Fremden herausholen wollten.
Doch Lot atmet auf. Das war knapp gewesen. Und gleichzeitig weiß er: diese Fremden sind besondere Menschen. Er fragt sie: "Wer seid ihr und von wem kommt ihr?". Der große Fremde sagt: "Gott hat uns geschickt. Wir sind Boten von ihm. Sodom geht bei Sonnenaufgang unter. Wie viele Menschen gehören zu deiner Familie? Alle müssen aus der Stadt raus. Die Klagen über Sodom sind zu groß, deshalb hat uns Gott geschickt die Stadt zu zerstören."
Als der Morgen immer näher kam drängen die Fremden Lot zur Eile: "Los, brecht auf. es wird knapp. Nimm deine Frau und deine beiden Töchter mit und geht!" Die Fremden ziehen die vier vor die Stadt. Sie sagen zu Lot: "Geht hinauf in die Berge, da seid ihr sicher." Doch Lot schüttelt den Kopf: "In die Berge schaffen wir es nicht. Bald geht die Sonne auf. Können wir nicht nach Gomorra gehen?" Die Fremden sagen: "Nein! Gomorra geht genauso unter wie Sodom." "Zoar?", fragt Lot. Die Fremden nicken: "Zoar ist okay aber beeilt euch! Und was auch immer geschieht, was auch immer ihr hört, dreht euch nicht um, schaut nicht zurück!"
Dann stehen Lot und seine kleine Familie allein vor dem Stadttor von Sodom. Sie brechen hastig auf. Sie schaffen es vor Sonnenaufgang in den kleinen Ort Zoar zu kommen. In dem Moment bricht ein Feuersturm über Sodom und Gomorra los. Es riecht nach Schwefel, es ist hell und rauchig und ein Grummeln liegt in der Luft. Lots Frau dreht sich um. Sie schaut zurück und erstarrt zur Salzsäule.
Lot und seine beiden Töchter sind gerettet.
Nur drei Gerechte von Sodom haben es überlebt.
1. Mos 19, 1-26
23.8.2025