Das Versprechen wird erfüllt. Sara bekommt ein Kind.
Erinnerst du dich noch an die drei fremden Besucher bei mir unter dem Baum? Sie haben mich, Abraham, besucht. Ich habe sie bewirtet, wie man Gäste bewirtet. Mit frischem Wasser für die staubigen Füße, mit Brot und gebratenem Fleisch und einem Kuchen zum Abschluss. Wir haben uns unterhalten. Es war eine schöne Runde. Es ist immer schön, wenn bei unserem Lager Menschen vorbeikommen. Das kommt nicht oft vor. Es ist dann wie ein kleines unangekündigtes Fest. Ich mag das.
Erinnerst du dich noch, was sie gesagt haben, ganz kurz bevor sie gegangen sind und ich sie noch ein Stück begleitet habe?
Sara soll in einem Jahr, wenn sie wieder hier vorbeikommen, ein Kind haben. Sara hat in ihrem Küchenzelt den Satz gehört und gelacht. Die Fremden haben es auch gehört und waren ein wenig verärgert. Nun, ich habe meine Sara gut verstanden. Jahr um Jahr haben wir auf ein Kind gehofft. Darüber wurden wir immer älter. Und je älter man wird, desto schwieriger – bis unmöglich – ist es, ein Kind zu bekommen.
Die Sklavin von Sara, Hagar, hat ja einen Sohn für uns bekommen, Ismael, somit ist das Erbe geregelt. Doch glücklich sind wir nicht. Vor allem Sara nicht. Sie kann nicht leiden, wie Hagar stolz ist, den Erben geboren zu haben. Sie lässt es Sara täglich spüren, dass sie Mutter ist und Sara nicht.
Inzwischen sind schon einige Wochen vergangen, ich habe schon nicht mehr an den Satz der drei Männer gedacht, ihn irgendwie vergessen. Da verändert sich was. Sara schaut blass aus. Wird sie krank, oder ist es nur das Alter? Ich mache mir so meine Gedanken. Ich frage sie, ob es ihr gut geht. Sie nickt: „Ja, alles in Ordnung, Abraham!“, sagt sie zu mir.
Aber es ist nicht alles in Ordnung. Sara bleibt blass und immer wieder muss sie sich übergeben. Hat sie sich den Magen verdorben? Das müsste ja dann in ein paar Tagen vergehen. Doch es bleibt. Sie kann gebratenes Fleisch nicht riechen, da muss sie immer weit weggehen, oder ihr wird wieder übel. Gemüseeintopf kann sie nicht kochen, auch das kann sie nicht riechen. Seltsam.
Sara lebt eigentlich nur noch von Brot.
Könnte es sein, dass Sara schwanger ist?
Darüber muss ich nachdenken. Da fällt mir der Satz von den drei Fremden wieder ein. Und ganz andere Sachen fallen mir wieder ein. Die Stimme, die ich immer wieder nachts gehört habe. Meine Nachkommen sollen so zahlreich sein wie die Sterne am Himmel. Kann es sein, dass Gott sein Versprechen wahrmacht?
Kann es sein, dass Sara ein Kind bekommt?
Ich lasse noch ein paar Tage vergehen und dann frage ich Sara: „Sara, kann es sein, dass du ein Kind bekommst?“ Sara nickt. "Ja, es schaut so aus. So wie im Moment ist es mir noch nie gegangen. Alles ist irgendwie durcheinander. Mein Magen, mein Körper, meine Gedanken. Kann es wirklich sein, dass ich, so alt wie ich bin, doch noch ein Kind bekomme?“
Ich schaue sie mit großen Augen an. Also wirklich schwanger! Wir bekommen ein Kind! Unfassbar.
Wochen vergehen. Sara kann wieder alles riechen und kochen und essen. Und langsam sieht man es. Ihr Bauch wächst. Die Knechte und Mägde fangen an zu tuscheln. „Kann das sein, dass die alte Sara noch ein Kind bekommt?“, fragen sie sich.
Sara ist glücklich, man sieht es ihr an. Sie strahlt von innen. Je länger die Schwangerschaft dauert, desto mehr Unterstützung braucht sie. Sie kann nicht mehr so schwer heben, sie kann sich nicht mehr so gut bücken, sie muss sich viel öfters hinsetzen oder hinlegen. Sie ist ja keine junge Frau mehr.
Und dann kommt der Tag der Geburt. Ich bin ganz aufgeregt. Hoffentlich geht alles gut. Hoffentlich ist das Kind gesund. Hoffentlich ist es nicht zu anstrengend für Sara.
Es geht alles gut. Das Kind, ein Junge, ist gesund. Sara ist geschwächt, aber überglücklich. Wir haben ein Kind.
Ich habe unseren Jungen Isaak genannt. Der Name erinnert an das Lachen von Sara, als sie hört, was die fremden Männer sagen. Und er erinnert an Gott, der freundlich lächelt. Das ist in dem Namen Isaak versteckt.
Als sich Sara wieder erholt hat, sitzt sie eines Abends bei mir, Isaak im Arm und verkündet: "Gott lässt mich vor Freude lachen, ich habe einen Sohn. Und wer davon hört, dass ich, alte Frau, ein Kind bekommen habe, der lacht mit mir.“
Ja, so ist es. Lachen, lächeln, glücklich sein, das haben wir jetzt täglich. Ich brauche nur den kleinen Isaak anzuschauen und mir wird es warm ums Herz.
Wir finden uns wieder in den Alltag. Isaak wächst und gedeiht. Er fängt an zu krabbeln. Er fängt an zu laufen. Er fängt an zu sprechen. Und er fängt an, selbst zu essen. Er braucht keine Muttermilch mehr.
Als es so weit ist, feiern wir ein schönes Fest. Unser Isaak ist jetzt schon ein kleiner großer Junge. Er kommt ohne Sara zurecht, ein erster Schritt in die Selbständigkeit.
Und wie ist es nun mit Hagar und Ismael? Davon erzähle ich dir nächste Woche.
1. Mos 21,1-8
3o.8.2025