Gott verspricht für Hagar und Ismael zu sorgen
Der Sohn von Sara und mir, Abraham, dieser kleine Junge, Isaak, wächst und gedeiht. Es ist eine Freude, ihm zuzuschauen. Auch ist es eine Freude, Sara dabei zu sehen, wie glücklich sie ist, ein Kind zu haben.
Alles könnte wunderbar sein. Doch so ist es nicht. Und wenn ich es ganz genau und ehrlich betrachte, liegt es an Sara. Sie kann Hagar und Ismael nicht sehen, hören, riechen.
Es ist schon seltsam, sie, Sara, hat mich doch damals angefleht, von der Sklavin ein Kind zu bekommen, damit wir einen Erben haben. Und jetzt? Jetzt würde sie am liebsten alles ungeschehen machen. Doch Hagar ist da und Ismael ist da. Wo sollen sie auch hin? Wir sind ihr Zuhause. Und ich darf ja auch nicht vergessen. Ismael ist mein Sohn, wie Isaak mein Sohn ist.
Und dann kommt eines Tages Sara zu mir, aufgebracht, wütend, verbittert. Sie stellt sich vor mich hin und schreit: "Sie müssen weg! Weit weg. Auf der Stelle weg!"
Ich verstehe zunächst nicht, was Sara meint. Doch dann dämmert es mir und ich frage vorsichtig nach: "Du meinst Hagar und Ismael?" Sara nickt heftig: "Ja, die meine ich! Schick sie weg!" "Aber Sara," beginne ich vorsichtig. "Nichts, aber Sara“, schreit sie. "Sie müssen weg!"
Ich drehe mich um und gehe weg. Wenn Sara solch eine Laune hat, kann ich nicht mit ihr reden. Morgen früh werde ich es nochmals in aller Ruhe probieren. Sie muss doch verstehen, dass Ismael mein Sohn ist. Den kann ich doch nicht einfach wegschicken. Und wohin denn überhaupt? Um uns herum ist nicht viel. Die Städte sind zerstört und es gibt viel trockenes Land hier.
Also, ich probiere es. Doch Sara, auch wenn sie jetzt am Morgen nicht mehr so aufgebracht ist, wie noch gestern, besteht darauf. Ismael muss weg. Isaak soll mein alleiniger Erbe sein.
Mit Sara mache ich aus, dass ich darüber erst noch länger nachdenken muss. Ich verspreche ihr aber, dass ich nachdenke und jetzt damit anfange.
Ich denke also. Kann ich das machen, Hagar und Ismael wegschicken?
Viele Tage denke ich darüber nach. Soll ich, oder soll ich nicht? Kann es richtig sein, die beiden wegzuschicken? Kann es richtig sein, Sara zuzumuten, täglich Ismael und Hagar zu sehen?
Verflixte Gedanken. Immerzu im Kreis. Mal entscheide ich mich für das eine, mal für das andere. Nie habe ich das Gefühl, mich richtig entschieden zu haben.
Und dann ist sie wieder da, die Stimme, die ich schon ein paarmal gehört habe. Wie immer mitten in der Nacht. Und was ich da höre, erstaunt und beruhigt mich.
„Höre, Abraham, ich sehe deinen Kummer. Ich weiß um deine Sorgen. Doch sei unbesorgt. Ich kümmere mich um deinen Sohn Ismael und seine Mutter Hagar. Mach es so, wie Sara es sagt. Ich will, dass nur Isaaks Nachkommen deine rechtlichen Nachkommen sind. Doch auch aus Ismael will ich ein großes Volk machen, denn er ist ja schließlich auch dein Sohn."
Ich bin wach, als wäre es morgens. Doch ich sehe den Mond und die Sterne durch mein Zelt scheinen. Habe ich geträumt oder hat Gott mit mir gesprochen? Ich soll Hagar und Ismael wegschicken? Ist das möglich? Doch wenn Gott verspricht, sich um sie zu sorgen, muss ich mir keine Sorgen mehr machen. Das wäre doch irgendwie wunderbar. Keine schlecht gelaunte Sara, keine Sorgen in meinem Kopf und Gott gibt auf die beiden Acht.
Nach der Aufregung gelingt es mir, noch ein wenig einzuschlafen. Und am nächsten Tag stehe ich mit viel Energie auf. Die Dinge müssen nun geregelt werden.
Ich hole Brot und einen Wasserschlauch. Ich gehe mit diesen Dingen zu Hagar. Ich gebe sie ihr. Sie schaut mich mit großen Augen an. "Was soll das Abraham? Schickst du mich weg?" "Ja, Hagar, ich schicke dich weg, doch ich weiß, dass du nicht alleine gehst. Gott geht mit dir. Er hat es mir versprochen." Dann herze ich noch ein letztes Mal Ismael und dann schicke ich sie los.
Sara hat alles aus einiger Entfernung beobachtet. Als Hagar schon fast nicht mehr zu sehen ist, kommt sie zu mir. Sie ist erfreut und erleichtert. Mein Herz ist noch schwer. Doch das wird mit der Zeit leichter. Gott hat versprochen, bei Hagar und Ismael zu sein.
Es vergehen viele, viele Monate und dann kommt ein Fremder bei uns vorbei und erzählt eine Geschichte von einer Frau mit einem Kind.
Es war in der Wüste bei Beerscheba, da hatte sie sich verirrt. Der Wasserschlauch war leer und sie rechnete mit dem Tod ihres Kindes und ihrem eigenen. Sie legte den Jungen an eine Stelle und setzte sich in Sichtweite selber hin. So saß sie da und weinte still vor sich hin. Da hörte sie eine Stimme: "Hagar, was ist mit dir? Fürchte dich nicht! Gott hat dein Weinen und das Weinen des Jungen gehört. Steh auf, hebe den Jungen hoch und halte ihn ganz fest. Ich will ihn zum Stammvater eines großen Volkes machen. Und schau dich um, da ist ein Brunnen."
Die Frau machte, was sie gehört hatte. Sie sah den Brunnen. Sie füllte den Schlauch und gab dem Kind zu trinken. Auch sie selbst trank Wasser.
Als ich das hörte, wusste ich: Gott kümmert sich um Ismael und um Hagar.
Ich war sehr erleichtert und dankte Gott.
Wie geht es nun weiter mit dem alten Abraham, der alten Sara und ihrem Kind Isaak? Ich erzähle es dir nächste Woche.
1. Mos 21, 9-19
6.9.2025