Bei Nele geht es heute um das Glück. Mit Pistazia und Lukas lernt sie etwas darüber.

„Mama, Mama!“ Nele hat noch Schuhe, Schulranzen und Jacke an, als sie zu Mama in die Küche stürzt. „Was ist denn so wichtiges los, Nele, dass du vergessen hast, dass wir in der Garderobe erstmal Schuhe, Schulranzen und Jacke lassen?“, fragt Mama. „Mama, im Religionsunterricht geht es in den nächsten Wochen um Glück!“, sagt Nele und geht zurück in die Garderobe, um ihre Sachen da abzulegen.

Zurück in der Küche setzt sie sich an den Tisch und erzählt, immer noch aufgeregt: „Die Religionslehrerin hat uns heute eine tolle Geschichte erzählt, mit Bildern und so. Es ging um Pistazia und Lukas Besenbein. Und Pistazia ist eine Glücksfee!“. Nele ist nicht zu bremsen. „Und die Pistazia ist die dickste unter den Glücksfeen und die beste! Und Lukas Besenbein ist ein kleiner Miesepeter. Lachen und sich freuen, das kann er nicht, und hüpfen und pfeifen kann er auch nicht. Aber Pistazia kann das ändern. Sie macht das wunderbar. Am Anfang reißt sie ihn mitten in der Nacht aus dem Schlaf. Der staunt nicht schlecht. Er blinzelt ein paar Mal, und versteht nicht, was er sieht. Da fasst ihn Pistazia an der Hand und flog mit ihm in die kühle Nacht. Mitten auf das spitze Hausdach. Da setzte sie den Lukas hin. Der zitterte und bibberte, er traute sich nicht in die Tiefe zu schauen. Er klapperte mit den Zähnen und flüsterte: ‚Was für ein schlechter Traum!‘ Pistazia sagte zu ihm: ‚Das ist kein Traum. Wie geht es dir?‘ Lukas flüstere: ‚Scheußlich, ich habe Angst, mir ist schlecht und schwindelig und kalt ist mir auch!‘ ‚Wunderbar!‘, meinte Pistazia und brachte Lukas zurück in sein Zimmer und schubste ihn in sein Bett. Lukas wühlte sich unter die Decke. Er fühlte sich gleich wohler. Die Decke schön warm, das Bett weich. Pistazia fragte ihn: ‚Bist du glücklich?‘ Lukas dachte nach: ‚Ich weiß nicht?‘ Da verabschiedete sich Pistazia: ‚Bis morgen, Lukas!‘“

Jetzt muss Nele erstmal verschaufen. Dann schaut sie sich in der Küche um? „Mama, was gibt es denn heute zu Essen? Ich habe so einen Hunger.“ Mama antwortet und sagt: „Für uns gibt es jetzt Jogurt mit Obst und wenn du willst ein Brot mit Marmelade und dann später, nach deinen Hausaufgaben machen wir zwei einen Nudelauflauf mit Gemüse und Käse. Denn essen wir dann heute Abend mit Papa und Paulchen und läuten so das Wochenende ein. Hilfst du mir? Nach dem Essen werden erstmal die Hausaufgaben gemacht. Und beim Kochen kannst du mir weiter von Pistazia und Lukas Besenbein erzählen.

Nele nickt. Das ist ein guter Plan. Essen, Hausaufgaben, Kochen und Erzählen.

Am späten Nachmittag treffen sich Nele und Mama wieder in der Küche. Es gibt viel zu tun. Gemüse klein schneiden, Form einfetten, Nudeln vorkochen und abschrecken. Bei vielem kann Nele schon helfen. Und sie muss ja auch noch erzählen.

„Also am nächsten Morgen, als Lukas an den Frühstückstisch kommt, sitzt Pistazia in seiner Tasse. Der Kakao war weg und Pistazia leckte sich die Lippen. ‚Wahrscheinlich bekommst du jeden Morgen so einen leckeren Kakao, doch du machst schon wieder ein Miesepeter-Gesicht.‘ Und, pling, war sie weg. Und dann war die Kakao-Tasse wie verhext. Immer wenn Mama dem Lukas etwas eingeschenkt hatte, war die Tasse sofort wieder leer. Egal was, Milch, Wasser, Saft, egal. Am nächsten Morgen saß Pistazia wieder in der Tasse. ‚Würde dich ein Schlückchen Kakao glücklich machen?‘, fragt sie ihn. Lukas nickt: ‚Ja!‘ Und auf einmal war die Tasse voller Kakao und Lukas nahm einen großen Schluck. ‚Mama, schmeckt wunderbar!‘ sagte er mit einem breiten Lächeln. Pistazia verabschiedete sich und verschwand.

Am nächsten Morgen saß Lukas in seinem Bett und trank genüsslich seinen Kakao. Da tauchte Pistazia wieder auf. ‚Du glaubst wohl, du hast schon genug über das Glück gelernt? Falsch! Du hüpfst nicht, du springst nicht ….‘ ‚Hüpfen ist albern!‘, sagt Lukas. ‚Aber albern sein macht glücklich!‘ erwidert Pistazia, ‚und die Farben machen glücklich!‘ Pistazia spuckte ihm auf die Augen und verschwand.“

Nele machte eine Pause. Jetzt wollte sie erst mal ordentlich die Auflaufform einfetten.

„Und stell dir vor Mama“, erzählte sie weiter. „Für den Lukas war an den nächsten drei Tagen alles grau. Der Himmel, die Bäume, die Menschen, die Tiere, die Wiesen, alles. Nun war Lukas noch miesepetriger als zuvor. Am vierten Tag saß Pistazia im Schuh von Lukas, als er diesen anziehen wollte, um in die Schule zu gehen. Diesmal pustete Pistazia ihm auf die Augen und wisperte: ‚Los geht’s!‘

Und stell dir vor Mama, dann hüpfte der Lukas los. Er sprang über den Hund vom Nachbarn, tanzte um die jetzt wieder grünen Bäume. Alles war wieder bunt. Und Lukas platzte fast vor Glück. Da flatterte Pistazia vor Lukas Nase: ‚Na, wie fühlt sich es an, das Glück?‘ fragte sie.

Und Lukas hüpfe auf und ab: ‚Es ist so dick wie du, und frecht und warm und weich und rot und blau und federleicht!‘ Pistazia nickte: ‚Genau, es schmeckt wie Kakao.‘ Und, pling, weg war sie und kam auch nicht mehr wieder. Doch Mama, stell dir vor, auf Lukas Gesicht blieb ein dickes, fettes Lächeln!“

Nele hörte begeistert auf. „Das war die ganze Geschichte, Mama. Ist die nicht toll?“

Mama nickte. „Doch Nele, was hat die Geschichte mit Religion zu tun? Gott oder Jesus sind da ja jetzt nicht vorgekommen, oder habe ich nicht richtig aufgepasst?“

„Nein, du hast schon richtig aufgepasst. Wir haben die Religionslehrerin auch gefragt, was das mit Religion zu tun hat. Und sie hat uns erklärt, dass Glück auch in der Bibel vorkommt und dass wir in den nächsten Religionsstunden darüber nachdenken und reden werden und sie uns davon erzählen wird. Doch zuallererst meinte sie, wir müssten mal wissen, was Glück ist. Und das würde die Geschichte gut erklären. Und als Hausaufgabe haben wir auf, jeden Tag einen Satz aufzuschreiben, wann wir glücklich waren.“

„Und was schreibst du für heute auf?“, fragte Mama.

Nele dachte nach: „Ich schreibe zwei Sätze auf. Einmal bei der Geschichte war ich glücklich. Und beim gemeinsamen Kochen war ich auch glücklich.“

Dann deckte Nele mit Mama noch den Tisch. Und als alle um den Tisch saßen und den Nudelauflauf mit Gemüse aßen, schien es so, als wären alle glücklich.

Nächste Woche lernt Nele, im Religionsunterricht, die Geschichte von Zachäus kennen.

Und wenn du die Geschichte von Pistazia und Lukas nachlesen willst, findest du sie unter dem Titel: Die Glücksfee. Cornelia Funke hat sie sich ausgedacht und Sybille Hein hat die Bilder dazu gemalt.

Nach: Die Glücksfee, Cornelia Funke, Sybille Hein, Fischer Schatzsinsel, 2. Auflage, 2006, ISBN-13: 978-3-596-85210-9

21.10.2023

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Zachäus klettert auf einen Baum und wird glücklich.

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Daniel wird in die Löwengrube geworfen. Hat er eine Chance?